Gemeinsam singen Drucken

Demente und gesunde Heimbewohner zusammen in einem Chor


Es hat lange gedauert, bis das Projekt in trockene Tücher gepackt war ? nun aber kann es starten: Die Bürgerhilfe Dreieich, Förderverein für das Altenpflegeheim Haus Dietrichsroth, bietet in Zusammenarbeit mit der Musikschule Dreieich ab Februar regelmäßige Singstunden in einem Chor  an, der aus dementen und gesunden Heimbewohnern besteht. Geleitet wird dieser Chor, dem sich weitere Interessierte anschließen können, von Martin Winkler, Leiter der Musikschule, Dirigent, Gesangspädagoge und Dreieicher Kulturpreisträger von 2002.

Die Idee, einen solchen Chor aus dementen und nicht dementen Sängerinnen und Sängern zu gründen, geht zurück auf die Demenzwochen des Jahres 2013. Damals war ein solcher Chor zur Eröffnung dieser Veranstaltungsreihe im Viktoria-Kino öffentlich aufgetreten, löste sich danach aber sofort wieder auf.

Einen weiteren Anstoß gaben in den beiden vergangenen Jahren die regelmäßigen Besuche der Wiesbadener Clown Doktoren im Altenpflegeheim Haus Dietrichsroth, ebenfalls ein Projekt der Bürgerhilfe Dreieich, das es bis dahin in Stadt und Kreis Offenbach noch nicht gegeben hatte. Dabei hatte sich herausgestellt, was Fachleuten schon seit langer Zeit bekannt ist: Demente Menschen  - diese Diagnose trifft auf zwei von drei Heimbewohner in verschieden starker Ausprägung zu ? können sich an sehr vieles überhaupt nicht mehr erinnern ? sehr oft aber an Texte und Melodien von Liedern, die sie früher einmal gesungen haben.  Immer, wenn die Clown Doktoren in der Demenz-Wohngruppe ihre Instrumente auspackten, wurde nach einiger Zeit mitgesungen. Musik, so die Clown Doktorin Elisa Friedrich, die die Gruppe zwei Jahres lang begleitet hat, ?hat sich bei den meisten dementen Menschen ganz tief in der Erinnerung festgesetzt und holt sie zumindest für eine gewisse Zeit aus ihrer sehr eigenen Welt.?

Die Kooperation zwischen Bürgerhilfe und Musikschule will auf diesem Wissen aufbauen. Nachdem es sich als ausgesprochen schwierig erwiesen hatte, einen Chorleiter für ein solches integratives Projekt zu finden und Martin Winkler von diesem Problem erfahren hatte, erklärte er sich bereit, diesen Chor selbst zu leiten.  Auch deshalb, weil durch die Auflösung des Gesangvereins Eintracht Sprendlingen, bei dem Winkler ebenfalls engagiert, ihm wieder etwas Zeit zur Verfügung stand. Zudem, so Winkler, sei es sein und das Anliegen der Musikschule,  auch dieser Klientel Angebote zu machen. Und natürlich reizt es Winkler, Geburtshelfer für ein solches innovatives Unternehmen zu sein.

Der aktuelle ?Dreieicher Weihnachtskalender? hatte den integrativen Chor in die Liste seiner förderungswürdigen Projekte aufgenommen; von ihm ist ein Zuschuss von 1500 Euro zu erwarten. Leider, so der Bürgerhilfe-Vorsitzende Klaus Hellweg, habe sich bisher keine Firma oder Organisation beim ?Weihnachtskalender?  als Projektpate gemeldet, um den gleichen Betrag zu übernehmen, so dass zumindest für das erste Jahr eine Finanzierungslücke zu schließen ist.

Der Chor trifft sich erstmals am Donnerstag, 12. Februar, um 16.45 Uhr im Erdgeschoss des Hauses Dietrichsroth in der Taunusstraße 54.  Auf Anraten von Martin Winkler werden diese Chorstunden  während der Eingangsphase nicht länger als eine halbe Stunde dauern, um die gehandicapten Teilnehmer aus dem Haus Dietrichsroth nicht zu überfordern. Die weiteren Singstunden finden dann an jedem Donnerstag von 16.45 bis 17.15 Uhr statt. Das Ziel dieses Projekts besteht nicht darin, so Winkler und Hellweg übereinstimmend, den Chor zur Auftrittsreife zu führen, sondern die Freude an der Musik in erster Linie bei den dementen, aber auch bei allen anderen beteiligten Sängerinnen und Sängern zu fördern.

Wer die Gruppe der Heimbewohner verstärken und mitsingen möchte, kann sich unter der Telefonnummer 0160 94772923 bei der Bürgerhilfe Dreieich anmelden.