72 Stunden bis zum Brotbackofen Drucken



Dreieich - Für 30 Jungen und Mädchen der Weibelfeldschule ist gestern ein aufregendes Wochenende im Altenpflegeheim Johanniter-Haus Dietrichsroth zu Ende gegangen.


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72 Stunden lang haben Weibelfeld-Schüler für den guten Zweck geschuftet und unter anderem einen Brotbackofen gebaut.

Die Bewohner des Hauses erlebten, wie die Neunt- und Zehntklässler drei Tage lang im Rahmen der bundesweiten 72-Stunden-Aktion ?Uns schickt der Himmel? so kräftig zulangten, dass auf dem Außengelände des Heims jetzt ein mehr als 300 Kilo schwerer gusseiserner Brotbackofen betriebsfertig bereit steht. Und auch ein Pavillon ? in vielen Einzelteilen angeliefert ? wurde fachmännisch aufgebaut und kann nun von den Heimbewohnern bei ihren Spaziergängen als Zwischenstation genutzt werden.

Es war ein gewaltiges Stück Arbeit, das die jungen Leute zu absolvieren hatten ? Arbeit, die ohne eine gehörige Portion Organisationstalent und Geschick nicht zu erledigen gewesen wäre. Zu verdanken ? im positiven Sinne ? hat das Pflegeheim diesen Einsatz dem Bund deutscher katholischer Jugend (BDKJ) und den beiden Religionslehrern der Weibelfeldschule, Felix Büchler und Patrizia Knapp. Die hatten sich in den Religionskursen mit den Themen ?Nächstenliebe? und ?Dasein für den anderen? befasst. Und weil die BDKJ-Aktion bevor stand, war man sich schnell einig, über Nächstenliebe und Hilfe nicht nur zu sprechen, sondern auch zu handeln.


Die Resonanz der Dreieicher Gruppe zunächst ein wenig verhalten

Alexander Schulte-Sasse, ebenfalls Lehrer der Weibelfeldschule, war es, der von schulischer Seite die Gesamtorganisation übernommen und das Projekt mit der Leitung des Hauses Dietrichsroth und seinem Förderverein Bürgerhilfe Dreieich vorbesprochen hatte. Schüler sowie die Religionslehrer wussten zwar, dass sie ein gewaltiges Stück Arbeit zu stemmen hatten. Um was es sich allerdings handelte, blieb für sie bis zum Donnerstagabend ein gut gehütetes Geheimnis.



Vertreter des Dreieicher Lions Clubs überbrachten den Jugendlichen einen Scheck über 1500 Euro für den Kauf eines Pavillons.

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Als dann an jenem Abend im Rahmen der Auftaktveranstaltung aller im Landkreis engagierten 14 Aktionsgruppen das Geheimnis gelüftet wurde, war die Resonanz der Dreieicher Gruppe zunächst ein wenig verhalten. Robin Tischer erklärt diese Reaktion: ?Wir hatten gelesen, dass wir einen Brotbackofen aufstellen und eine behindertengerechte Gartenhütte aufbauen und einen Weg anlegen sollten. Wir hätten ja überhaupt nicht gewusst, wie wir an einen Backofen und einen Pavillon kommen sollten, denn Geld steht nicht zur Verfügung. Als dann aber bald klar war, dass der Backofen ? mit allem Drum und Dran immerhin 5?800 Euro teuer ? und der Pavillon mit Spenden finanziert und längst vorhanden waren, schlug unsere Skepsis sehr schnell um.?

Schon eine Stunde später fand sich die gesamte Truppe im Haus Dietrichsroth ein und machte sich an Ort und Stelle ein Bild darüber, was an den kommenden drei Tagen zu tun war. Besonders die Mädchen freuten sich darauf, mit den alten Menschen in Kontakt zu kommen, boten sich gleich an, mit ihnen spazieren zu gehen oder ihnen vorzulesen. Beim Versprechen blieb es nicht.

Man übernachtete an allen Arbeitstagen gemeinsam im katholischen Dekanatszentrum St. Johannes gleich auf der gegenüber liegenden Straßenseite. Das Haus Dietrichsroth stellte Getränke, belegte Brote und Kuchen zur Verfügung, ansonsten aber musste alles ? vom Frühstücksbrötchen bis zum Abendessen, von den Bodenplatten für den Backofen bis zum Abfallcontainer für den Erdaushub ? gleich am ersten Tag bei Geschäftsleuten in Dreieich und der näheren Umgebung als Spende organisiert, also erbettelt werden.

Der Hessische Rundfunk begleitete das Projekt an allen Tagen in Hörfunkbeiträgen, die Zeitungen hatten im Vorfeld berichtet. Viele Geschäftsinhaber waren also informiert, als die jungen Leute bei ihnen anrückten und zeigten sich großzügig ? viele, aber nicht alle; es gab auch unfreundliche Abfuhren, wie Patrizia Knapp und Robin Tischer erzählen.

Ihre Erfahrung: Es waren in aller Regel die kleinen Einzelhändler, die ein großes Herz für die gute Sache hatten und spontan spendeten. Als ein Rüttler benötigt wurde, um den Untergrund für den schweren Ofen zu bearbeiten, fuhr eine Gruppe Jugendlicher zu einer Dreieicher Baustelle und durfte ein solches Gerät gleich mitnehmen. Wo weiteres Werkzeug fehlte, brachten es die Eltern der Schüler vorbei.

Schon nach zwei Tagen war der größte Teil des Aufgabenkatalogs abgearbeitet, die Fundamente für Backofen und Pavillon hergerichtet, planiert, Boden abgetragen, Betonplatten verlegt, der Pavillon gestrichen, aus seinen Einzelteilen zusammengesetzt und eingedeckt.

Die Bewohner des Pflegeheims nahmen die ungewohnten Aktivitäten interessiert zur Kenntnis, die meisten freuten sich sogar über den Anblick der vielen jungen Leute, die für sie auf drei Tage Freizeit verzichtet hatten. Deren übereinstimmende Meinung: ?Es war für uns einmal etwas ganz anderes, wir haben es gerne gemacht? ? trotz verschwitzter Gesichter, verdreckter Klamotten und ungewohnter körperlicher Anstrengung.